Die Statistiken sind Teil einer Recherchearbeit der Denkstatt sàrl und B/IAS im Rahmen der Carte Blanche Ausstellung im AfZ 2024/2025. Es handelt sich um erste Rohdatenauswertungen des öffentlichen Datensatz des eidgen. Gebäude und Wohnregisters GWR vom 10. Mai 2024. Die Auswertungen und Statistiken sind als «work in progress» zu verstehen, Fehler und Verzerrungen wurden noch nicht überprüft, die Daten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wissenschaftliche Standards. Interesse an Kooperation?

Update: 15. Juli 2024, 20:00h

Der Bestand der Schweiz ist im Schnitt 58 Jahre jung.

Die Grafik zeigt die letzten 400 Jahre. Folgende Fragen könnten abgeleitet werden:

  1. Die Schweiz «urbanisiert» baulich erst seit ca. 130 Jahren. Was steht als Bauwerk-Schweiz noch gut im Bestand und wie strukturiert sich der Bestand?
  2. Der Bauboom liegt in den 2000er Jahren, seit dem werden weniger Gebäude erstellt. Was treibt die verschiedenen Dynamiken an und unter welchen Voraussetzungen wird sorgsam mit dem Bestand umgegangen?
  3. Es werden im Verhältnis zunehmend mehr Wohnbauten als Nicht-Wohnbauten erstellt. Wie wirkt sich diese Veränderung auf Möglichkeiten zur Transformation von Bestand aus? Welche Typologien und Gebäudeklassen werden zukünftig weniger gebraucht und daher ggf. abgebrochen?

Welche Gebäudetypen und Jahrgänge wurden seit 2000 in der Schweiz hauptsächlich abgebrochen?

Die Anzahl der im Zeitraum seit dem Jahr 2000 «abgebrochen» registrierten Gebäude in der Schweiz liegt laut GWR Datensatz bei ca. 100’000. Für ca. 50’000 Gebäude davon liegen vollständige Daten zu Baujahr, Abbruchjahr und Kategorie vor. Die Darstellung nutzt diese verfügbaren Daten, um die Frage zu beleuchten, welche Jahrgänge und Gebäudeklassen statistisch am häufigsten abgebrochen werden. Unter Vorbehalt könnten folgende Fragen abgeleitet werden:

  1. Am häufigsten wurden Gebäude abgebrochen, die aktuell ca. 60 Jahre alt wären. Woraus erklärt sich diese Häufung? (Ökonomie, Ideologie, Funktion/Gebrauch?)
  2. Vor allem Nicht-Wohngebäude wurden durchgehend auch in weit jüngerem Alter abgebrochen. Welche Gebäudeklassen und Typologien sind das konkret? Was sind die Treiber dieser Entwicklung?

Welche Kategorien an Gebäuden (GKAT) wurden in der Schweiz pro Jahr zwischen 2000 und 2023 abgebrochen?

Die Grafik zeigt die im GWR als abgebrochen (GSTAT) registrierten Gebäude nach Jahr des Abbruchs und der Gebäudekategorie (GKAT). Folgende Fragen können unter Vorbehalt abgeleitet werden:

  1. Die Zahl der Abbrüche erhöht sich kontinuierlich. Es wurden seit 2020 pro Jahr mehr als dreimal so viele Gebäude abgebrochen als im Jahr 2000. Wie lassen sich diese Entwicklungen umkehren?
  2. Zunehmend werden vor allem Nicht-Wohngebäude abgebrochen. Welches Potenzial zur Transformation liegt in diesen Beständen?
  3. Nicht-Wohngebäude werden durchgehend auch in jungen Altersklassen abgebrochen. Um welche Gebäudetypologien handelt es sich dabei konkret?
  4. Der leichte Rückgang der Abbrüche im Jahr 2023 könnte als eine Folge der «Zinswende» interpretiert werden oder sich aus statistischen Fehlern im GWR ableiten. Lassen sich Hebel identifizieren (ökonomische oder politisch-ökonomische), die den Rückgang der Abbrüche beschleunigen?

Wieviele Gebäude wurden pro Kanton zwischen 2000 und 2023 abgebrochen?

Die Grafik zeigt die im GWR als abgebrochen (GSTAT) registrierten Gebäude nach Jahr des Abbruchs und Kanton. Folgende Fragen können anschliessen:

  1. Hier sind nur absolute Zahlen abgebildet, die Kantone haben jedoch sehr unterschiedliche Grössen, Bestände, dominante Typologien und Urbanisierungsgrade. Welche Kantone und Kommunen gehen schon heute sorgsam mit ihren Beständen um?

Der Fall Stadt Zürich: Welche Eigentümergruppen haben in der Stadt Zürich seit 2000 am meisten abgebrochen?

Die Stadt Zürich stellt eigene Auswertungen ihres Datenbestandes GWZ online bereit. Der Datensatz «Bauliche Erneuerung nach Art der Eigentumsgruppe – Abgebrochene Wohnungen» gibt einen Überblick über die Anzahl der seit 2000 abgebrochenen Wohnungen und Erneuerungen. Unsere Grafik zeigt die in der Stadt Zürich als abgebrochen registrierten Wohnungen nach Jahr des Abbruchs und Eigentümergruppen.

Die Verteilung gibt Hinweise, welche Eigentümergruppen am dringlichsten auf den Wert von Bestandserhalt hinzuweisen wären.

  1. Eine der Paradoxien der Daten ist, dass private Stockwerkeigentümerschaften (vermutlich durch ihre spezifische Organisationsform) die geringste Abbruchquote aufweisen. Lassen sich die Effekte dieses «Gridlock» als Strategien des Bestandsschutzes operationalisieren und auf andere Eigentümerschaften übertragen?
  2. Eine zweite Paradoxie ist, dass die Genossenschaften mit 42% des Gesamtabbruchs an Wohnungen in der Stadt Zürich seit 2000 die meisten Wohnungen abgebrochen haben. Wie lassen sich die Genossenschaften als «ethische» Marktakteure von weniger Abbruch überzeugen? Wie gelingt es Strategien der Klimagerechtigkeit zu verhindern, dass soziale Nachhaltigkeit (mehr bezahlbarer Wohnraum) gegen ökologische Nachhaltigkeit (mehr Bestandserhalt) ausgespielt werden?

Nicht erkennen lässt sich statistisch, welche Gründe diese Entwicklungen im Detail beeinflussen. Hier müssten qualitative Untersuchungen ansetzen. Interesse an Kooperation?

Welche Gebäudetypen und Jahrgänge wurden im Jahr 2023 in der Schweiz hauptsächlich abgebrochen?

Im Jahr 2023 wurden 6458 Gebäude in der Schweiz als abgebrochen registriert. Von diesen lagen für 3624 Gebäude vollständige Daten für Baujahr, Kategorie und Abbruch vor. Die Darstellung nutzt diese 3624 Datensätze. Insgesamt waren 2514 abgebrochene Gebäude im Jahr 2023 Wohngebäude (GKAT 1020, 1030, 1040), 3944 Gebäude waren Nichtwohngebäude (GKAT 1060, 1080). Folgende Fragen lassen sich unter Vorbehalt ableiten:

  1. Im Wohnen liegt der Abbruch in den Jahrgängen 1940 bis 1970 am höchsten. Was führt zu dieser Häufung und wie lässt sich die Kurve beeinflussen?

Eine Karte aller 6458 in 2023 als abgebrochen registrierten Gebäude.

Alle im GWR registrierten Abbrüche (GSTAT 1007) in 2023, Auswertung der Rohdaten (B/IAS). Blau: Gebäude mit Wohnen, Magenta: Gebäude ohne Wohnen. (GKAT Klassen 1020-1080).

Auf der Karte lassen sich unregelmässige Verteilungsmuster erkennen. Welche Muster und Cluster verbergen sich noch in den Daten?

Welche Gebäudeklassen wurden im Jahr 2023 in der Schweiz im Detail abgebrochen?

Die Grafik zeigt die detaillierten Gebäudeklassen der in 2023 abgebrochenen Gebäude (soweit Daten verfügbar). Die folgenden Aussagen lassen sich unter Vorbehalt formulieren:

  1. Etwas mehr als 30% der Abbrüche betrifft Wohngebäude.
  2. Ca. 6% betrifft Büro-, Schul-, Handels- und Kulturbauten.
  3. Zu 25% betrifft es Industrie-, Lager- und Funktionsbauten wie Einstellhallen.
  4. Ein Drittel sind Landwirtschaftsbauten.

Wo liegt das grösste Potenzial für Erhalt und Transformation?

Wie steht es mit den Betriebsemissionen, können uns die Energieträger eine erste Übersicht geben?

Die Grafiken zeigen die verfügbaren Daten zum Energieträger der Heizungen (GENH1) von bestehenden Gebäuden der Schweiz (1901-2023), verteilt nach Baujahr der Gebäude. Die obere Grafik zeigt die absoluten Werte der für 670’000 Gebäude verfügbaren Daten. Die untere Grafik zeigt die relativen Anteile der jeweiligen Energieträger pro Baujahr. Folgende Fragen lassen sich ggf. anschliessen:

  1. Da der öffentliche Teil der GWR-Daten wenige Aussagen zu Umbauten und Sanierungen direkt abbildet, ist eine Frage: Könnten die Energieträger älterer Gebäude, zusammen mit den Daten der letzten Aktualisierung der Angaben (GWAERDATH1) Indikatoren liefern, ob Gebäude in jüngerer Zeit energetisch saniert wurden?
  2. Eine gute Nachricht ist, Gebäude mit jüngeren Baujahren werden fast ausschliesslich mit nachhaltigen Energieträgern ausgestattet. Wie gelingt es, auch die Bestände zwischen Baujahr 1940 und 2010 auf nachhaltige Energieträger umzubauen und damit zugleich den Bestandserhalt zu fördern?

Welche Gebäude älter als Jahrgang 1974 haben in den letzten 20 Jahren einen neuen Eintrag zum Energieträger im GWR erhalten und welcher Energieträger wurde registriert?

Die Grafik befragt den GWR Datensatz nach den Energieträgern und den Daten der Erneuerung dieser Energieträger, bei Gebäuden älter als Baujahr 1974. Es wird vermutet, dass Gebäude die heute älter 50 Jahre sind, überwiegend mit Heizungen auf Basis von Energieträgern wie Gas, Öl, Holz und ggf. Fernwärme erstellt wurden. Ein jüngerer Wechsel auf Energieträger wie Erdwärme oder Luftwärme könnte Indikatoren liefern, wie mit dem Bestand auch langfristig umgegangen wird.

Die Aussagen dieser Grafik sind dennoch sehr unscharf zu betrachten, vielleicht geben sie vage Indikatoren, denn das «Aktualisierungsdatum Heizung (GWAERDATH1, …) Gibt das Datum der Erfassung oder der letzten Aktualisierung der Angaben über die Wärmeerzeugung im Gebäude an.»1

  1. https://www.housing-stat.ch/de/help/42.html ↩︎

Statistiken zum Bauwerk Schweiz